Stolberger Geschichts- und Traditionsverein e. V.
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Thomas Müntzer (1489-1525)

Ein zeitgenössisches Bild von Müntzer ist nicht überliefert. Die allgemein bekannte Darstellung stammt aus einer erst 80 Jahre nach seinem Tod entstandenen Ketzerchronik. Christoph van Sichem schuf 1608 einen Kupferstich, der allerdings anhand Qualität und Beschriftung Anlass zu der Vermutung gibt, es habe eine künstlerisch wertvolle Vorlage für dieses Bild gegeben. Gestützt wird diese These durch den Aufenthalt Müntzers in Nürnberg im Herbst 1524, wo er möglicherweise mit einem der "drei gottlosen Maler" (Barthel Beham, Sebald Beham, Georg Pencz) zusammentraf. Möglich wäre auch eine Urheberschaft von Hans Holbein d.J., der Müntzer zum Ende des Jahres 1524 in Basel getroffen haben könnte. Wie so vieles im Leben Müntzers muss aber auch diese Geschichte eine Vermutung bleiben.

Es gibt außerdem in Johann Lichtenbergers "Phropheceien und Weissagungen" (um 1527) ein Bild mit der Aufschrift "Dieser Prophet sihet dem Thomas Müntzer gleich", der Dargestellte trägt jedoch kaum individuelle Züge.

Auch nach 500 Jahren ist Thomas Müntzer nach wie vor umstritten. Die Skala reicht von bedingungsloser Befürwortung bis zu ebensolcher Ablehnung, einschließlich aller Zwischenstufen. Wer sich selbst eine Meinung bilden will, tut gut daran, zunächst alles zu vergessen, was er jemals über Thomas Müntzer gehört oder gar in der Schule gelernt haben mag. Man muss sich mit seiner und der Theologie Martin Luthers auseinandersetzen, um sich der Person Thomas Müntzers wirklich nähern zu können. Aber auch das kann nicht dazu führen, dass er jemals einheitlich bewertet würde.

Ich habe mich bemüht, alle Seiten so sachlich wie möglich zu halten, nur die Fakten aufzuzählen und mich jeder Wertung zu enthalten. Dazu habe ich mich auf die unten in der Literaturliste aufgezählten Werke gestützt, die in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung - Vogler von der spät marxistischen Position und Elliger mit "bürgerlicher" Geschichtsauffassung - gut geeignet sind, das ganze ernstzunehmende Spektrum zu erschließen. Insbesondere Elliger gibt theologischen Betrachtungen äußerst viel Raum, was das Buch gleichermaßen empfehlenswert wie schwierig (für den theologischen Laien) zu lesen macht.

Mario Bolte


Lebensdaten

1489 Geburt in Stolberg/Harz
1506 Studienbeginn in Leipzig
1512 Immatrikulation in Frankfurt (Oder)
1513 Kollaborator (Geistlicher Hilfslehrer) in Aschersleben und Halle
1513/14 Priester des Bistums Halberstadt, zeitweise in Braunschweig
1516 Propst im Kanonissenstift in Frose bei Aschersleben
1517/1518 Aufenthalt in Wittenberg
1518 Jüterbog
1519 Leipzig und Zisterzienserinnenkloster Beuditz bei Weißenfels
1520-April 1521 Prediger in Zwickau,
Juni - November 1521 Aufenthalt in Prag, mit dem Prager Manifest legt er sein erstes theologisches Zeugnis ab
1522-1523 Tätigkeit in Erfurt, Nordhausen, Glaucha
Ostern 1522 Müntzer predigt in Stolberg
März 1523 Pfarrstelle in Allstedt
1523 "Deutsches Kirchenamt" und "Deutsche Evangelische Messe", "Ordnung und Rechenschaft des Deutschen Amtes zu Allstedt", seine Liturgie lockt bis zu 2.000 Besucher an
1523 Heirat mit Otilie von Gersen, einer entflohenen Nonne
18.07.1523 Sendbrief an die Bürger zu Stolberg, in dem er vor unbefugtem Aufruhr warnt
März 1524 Brandstiftung der Marienkapelle in Mallerbach bei Allstedt mit anschließenden Unruhen
18.6.1524 Sendbrief von Martin Luther an die Fürsten zu Sachsen "wider den aufrührerischen Geist zu Allstedt"
13.07.1524 Fürstenpredigt zu Allstedt
Juli/August 1524 "Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens"
7./8.8. 1524 Müntzer verlässt Allstedt und geht nach Mühlhausen
August/September 1524 Antwort auf Martin Luthers Sendbrief: "Hochverursachte Schutzrede und Antwort wider das geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg", öffentliche und scharfe Abrechnung mit Luther
Ende 1524 Reise durch die Aufstandsgebiete im Süden des Reiches Basel, Klettgau, Hegau sowie Nürnberg
Anfang 1525 Rückkehr nach Mühlhausen
26./27.4.1525 Brief an die Allstedter Bürger und Mansfelder Bergknappen
26.4.1525 Auszug der Aufständischen aus Mühlhausen in das Eichsfeld
10.5.1525 Müntzer zieht nach Frankenhausen
14.5.1525 Erste Gefechte mit den fürstlichen Truppen
15.5.1525 Schlacht in Frankenhausen endet mit einer vernichtenden Niederlage der Aufständischen und der Gefangennahme Müntzers
16.-23.5.1525 Gefangenschaft, Verhör und Folter auf Schloss Heldrungen
17.5.1525 Bekenntnis und Brief an die Mühlhäuser
27.5.1525 Hinrichtung in Mühlhausen

Literatur:

[1] Walter Elliger: Thomas Müntzer. Leben und Werk; Göttingen 1975

[2] Günter Vogler: Thomas Müntzer; Berlin 1989

[3] Mühlhausen, der Bauernkrieg und Thomas Müntzer; Protokollband zum wissenschaftlichen Kolloquium am 27. Mai 2000 in Mühlhausen/Thüringen; Mühlhausen 2000

[4] Reinhard Jonscher: Der Bauernkrieg in Thüringen; Mühlhausen 2003

[5] Dietrich Lücke: Thomas Müntzer; Stolberg 2003

[6] Kobuch/Müller: Der deutsche Bauernkrieg in Dokumenten; Weimar 1977

[7] Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution; Berlin 1974

Links:

Bibliografisch-biografisches Kirchenlexikon: Thomas Müntzer (mit umfassender Literaturliste)

Wichtige Texte im Internet:

Die Fürstenpredigt

Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens

Hochverursachte Schutzrede

Sendebrief zur Bekehrung Bruder Ernsts

Ausstellungen:

Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche Mühlhausen: Die im Jahr 2003 neueröffnete Ausstellung ist einmalig in Mitteldeutschland. Eine angenehm zurückhaltende Konzeption, die gar nicht erst versucht, endgültige Antworten auf Müntzer oder den Bauernkrieg zu geben.

St. Marien - Müntzergedenkstätte Mühlhausen

Müntzerausstellung auf Burg und Schloss Allstedt

Müntzerausstellung im Museum Stolberg