Stolberger Geschichts- und Traditionsverein e. V.
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Johann Friedrich Penther (1693 - 1749)

Penther wurde am 17.Mai 1693 in Fürstenwalde geboren. Er studierte in Liegnitz und Frankfurt an der Oder und unterrichtete anschließend als Privatlehrer. 1717 wurde er bei den Grafen von Haugwitz Hofmeister. Ab 1720 unterrichtete er die Stolberger Grafensöhne in Mathematik und wurde zum Bergsekretär und Gouverneur der jungen Grafen bestellt. Im Jahre 1724 erstellte er einen Stadtplan von Stolberg mit einem Verzeichnis aller Grundstücke, samt den Besitzern und deren Berufen sowie der Anzahl der im Haus lebenden Personen. Als der junge Graf Gottlob Friedrich 1727 als kaiserlicher Hauptmann nach Ungarn und Schlesien ging, begleitete ihn Penther. 1729 kehrte Penther nach Stolberg zurück, ein Jahr später wurde er zum Kammer- und Bergrat ernannt und ihm die Aufsicht über die gräflichen Gebäude übertragen. Am 09.10.1732 heiratete Johann Friedrich Penther auf dem Stolberger Schloß die aus Ohrdruff stammende Christiana Helena Sophia Reiß, jüngste Tochter des verstorbenen Sachsen-Gotha-Schneidemühlschen Faktors Heinrich Christian Reiß. In Stolberg ist dann noch die Beisetzung einer 6 Wochen alten Tochter des Ehepaares Penther festzustellen. Dieses Kind wurde jedoch nicht in Stolberg geboren, auch keine weiteren Kinder.
Als Baumeister zeichnete Penther unter anderem verantwortlich für die Errichtung der Kirchen in den zur Grafschaft Stolberg gehörenden Orten Straßberg und Schwenda. Die von acht Säulen getragene Barockkirche St. Cyriacus und Nicolai in Schwenda war wohl die bemerkenswerteste und zugleich letzte Arbeit im Dienste der Stolberger Grafen. Sie wurde 1736/37 nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche errichtet. Neben seiner Tätigkeit in Stolberg kann vermutet werden, dass Penther die Zeichnungen und Landkarten für Johann Gottfried Schnabels Werke fertigte.
Ab 1735 war er als Lehrer der Haushaltungskunst in Göttingen tätig. 1736 wurde Penther an die zwei Jahre zuvor gegründete Universität Göttingen als Oberbauinspektor der akademischen Gebäude berufen. Anfänglich war er außerordentlicher, später ordentlicher Professor und Fakultätsmitglied. Er betreute die praktische Mathematik (Feldmesskunst, Baukunst, Ökonomie usw.) und starb am 17.09.1749 in Göttingen.

Penthers Bildnis ist in einem Werk von Jacob Brucker und Johann Jacob Haid enthalten:

"Bilder-Sal heutiges Tages lebender und durch Gelahrtheit berühmter Schriftsteller; in welchem derselbigen nach wahren Original-malereyen entworfene Bildnisse in schwarzer Kunst, in natürlicher Aehnlichkeit vorgestellet, und ihre Lebens-Umstaende, Verdienste um die Wissenschaften und Schrifften aus glaubwuerdigen Quellen erzaehlet werden." (Folio, erschien in 10 Teilen von 1741 - 1755)

In diesem prächtigen und großformatigen (310 x 192 mm) Porträtwerk mit 100 ausdrucksvollen Schabkunstblättern finden sich die Dargestellten zumeist im barocken Rahmen mit Büchern im Hintergrund, sowie dazu jeweils vier bis sechs Seiten Text mit Biographien und Schriftenverzeichnissen.

Publikationen

1."Praxis geometriae..." (1732)

Die "Praxis geometriae" ist die wichtigste deutsche Darstellung des Vermessungswesens im 18. Jahrhundert. Das einflussreiche, mit vielen Abbildungen illustrierte didaktische Grundwerk der Feldmesskunst - von 1732 bis 1788 in 9 Auflagen publiziert - behandelt umfassend geometrisches Zeichnen (Grundrisse, Pläne, Landkarten, Ansichten aus der Vogelschau) für die Praxis der Geodäsie und Kartographie, der Land- und Höhenmessung etc. Die einzelnen Arbeitsschritte, die zum Verfertigen von Landkarten und Grundrissen nötig sind, werden detailliert anhand zahlreicher Aufgaben erläutert. Außerdem wird die Berechnung geometrischer Instrumente behandelt. Die vielen Kupfer zeigen u. a. Messinstrumente und Zeichengeräte, trigonometrische Figuren, Beispiele für Festungs-, Wasser- und Gartenbaukunst sowie Pläne von Stolberg (Harz) und Göttingen. Die Titelvignette der "Zugabe" zeigt eine hübsche Ansicht von Göttingen.

Im Jahr 1981 erschien im Klett-Verlag Stuttgart ein heute noch erhältlicher Reprint.

Auszug aus der "Praxis geometriae", (Pars II. Cap. V.):

Per curiosite will noch einen copirten Grund-Riß Tab. XXII. von einer recht irregulairen Stadt communiciren/ und dabey gehoerige Remarquen machen/ wie auch von des Originals Beschaffenheit etwas setzen. Es ist solches der Grund=Riß von der Graeflich=Stolbergischen Residentz=Stadt Stolberg am Hartz/ so in 3 Thaelern, die hernach zusammen fallen und ein langes Thal formiren/ zwischen lauter Bergen und Wald erbauet ist. Das Schloß liegt auf der vorderten Spitze eines Berges/ dem langen Thale gegen ueber/ doch aber nicht so hoch/ als die zur Seiten liegende Berge sind/ wie solches aus dem darunter befindlichen Profil zu ersehen/ jedoch ist es so situiret/ daß man von demselben an allen Orten der Stadt hinsehen kan/ welches ausser dem von keinem Orte moeglich ist. Die Messung ist hier meistentheils so vorgenommen/ wie bey Fig. I. Tab. XXI. gewiesen/ indem auch hier alle sowohl Vorder- als Hinter-Gebaeude/ mitgenommen/ ja kein Stuelchen ausgelassen worden. Der Anfang der Messung ist oben bey C geschehen/ drauf sind alle Gassen und Neben-Gassen durchzogen/ auch ist hinter der Stadt und oben am Walde gemessen/ und alles gehoerig aufgetragen worden.

Wie aber eigentlich die Messung der Berge/ in specie des Profils zu Stande gericht/ kan erst in folgendem Capite/ wenn von der Altimetrie gehandelt wird/ deutlich gewiesen werden. Die Ausarbeitung kan gaentzlich aus dem Risse ersehen werden/ ohne deßhalb was weiteres zu berühren/ ausser daß gemeldet wird/ daß von denen Gebaeuden die dunckeln Flecke die Publiquen Gebäude anzeigen. Worauf unten die Neben=Zierath abziehlet/ ist leicht zu errathen. Denn der Stollen/ so in einen Berg gehet/ deutet auf den Nahmen Stolberg/ wie denn auch daselbst in denen Bergen Stollen genug zu finden/ und eine ziemliche Menge Berg=Leuthe in der Graffschafft Stolberg ihr Brod genießen/ deßhalb auch ein Bergmann mit Schlaegel und Eysen das Wort: Stolberg in einen Stein zur ewigen Dauer hauet. Hinter dem nutzbaren Berg=Bau zeiget sich auch eine Jaeger-Lust/ welche zu haben man zu Stolberg sich nicht viel Muehe geben darff. Das Original ist nach einem mehr als noch einmahl so grossen Maas=Stabe/ als hier die Copie/ und zwar mit Farben gemacht/ also hat auch auf selben alles weit deutlicher gegeben werden koennen wie denn darauf die gantze Terrtoria eines jeden Possessoris in specie ausgezeichnet. Die Haeuser sind zwar alle mit licht=rother Farbe angeleget/ damit aber das Auge gleich uno intuitu einen Unterschid der differenten Gebaeude haben möge/ so sind auf der roethlichen Farbe die publique Gebaeude blau/ die Brau-Haeuser dunckel=roth/ und die Muehlen gelb schraffiret. Der unterste Theil der Berge giebt bis an den Wald die schoenste Wiesen ab/ dahero sie die schon § 466. recommendirte Ausarbeitung haben, welches auch beym Walde observiret worden. Ein jedes Haus oder ander Grund=Stuecke ist mit einer Zahl/ so viel als moeglich/ in der Ordnung bemerckt/ welche in gewissen a part verfertigten Tabellen/ so § 490. erklaeret/ deren Possessorum Namen weisen. Die Neben=Zierath, an statt der Cartousche/ ist ein nach dem richtigen Fundament der Perspective gezeichneter Sieges=Bogen/ dessen Spitze den siegenden Ertz=Engel Michael über den Drachen zeiget/ weil diesen Riß dem regierenden Stolbergischen Herrn Graffen am Michaelis=Fest als Dero Geburts=Tage praesentiret. Die andern alle a dessin gemachte Auszierungen der Ehren=Pforte zu beruehren ist zu weitlaeuffig. Unten ist der Profil viel vollkommener als in der XXII. Tab. Oben zeiget sich in einem fliegenden Zettel der Prospect der Stadt Stolberg/ und nicht weit davon eine doppelte Magnet=Rose/ deren die eine die wahre Mitternacht/ und die andere die Abweichung der Magnet=Nadel zeiget. Zur Explication solchen Risses sind separirte Tabellen gemacht/ unter dem Titul: Jetziges Stolberg; wie es im Julio 1724 befindlich gewesen/ bestehend in 13. Capitibus/ deren die beyden ersten/ ingleichen das 12. in specie/ den Riß concernirten/ und zwar hatte das erste Caput nachstehende Rubriquen:



Gasse im Risse Nummer im Risse Nahmen des Possessoris Bedienung oder Profession des Possessoris Anzahl derer Bewohner jeden Hauses
Männlichen Geschlechts.
Weiblichen Geschlechts.
Zusammen

Niedergasse
1
Peter Kuntze
Schneider
4
3
7
2
Jacob Nilutz
Justiz-Rath
4
5
9
3
Joseph Justus Gruendler
Bergmann
5
7
12
4
Michael Hirtenschaff
Mahler
3
2
5



Das andere Caput repetiret alle Nahmen der Possessorum in alphabetischer Ordnung mit dem Beysatz der Nummer seines Hauses/ um eines jeden Haus im Risse desto eher zu finden. Das zwölffte Caput gehet die Brau-Haeuser und deren Ordnung an.

Die in der Tabelle aufgeführten Angaben sind übrigens nicht real, sondern nur als Beispiel zu verstehen. Allerdings benutzte Penther teilweise richtige Namen oder verballhornte sie. (Hirtenschaff = Schaffhirte; Nilutz = Lunitz; Joseph Justus Gründler = Johann Jeremias Gründler). Die Originalerläuterung zum Plan, eine Aufstellung aller 418 Häuser der Stadt, findet sich heute im Landesarchiv Sachsen-Anhalt (Wernigerode). Ein Nachdruck des Penther-Planes ist in der Touristinformation erhältlich. Hier finden Sie das dazu gehörige Gebäudeverzeichnis.

Weitere Werke

2."Gnomonica Fundamentalis..." (1733)


Eines der klassischen deutschen Werke über Sonnenuhren stammt aus der Feder von Penther. Es befasst sich mit der Konstruktion, dem Bau und der Anwendung von Sonnenuhren. Die Kupfertafeln zeigen Berechnungen, Details und fertige Uhren. Mit gestochenem Frontispiz von J.A. Corvinus und 15 gefalteten Kupfertafeln.

Die Sonnenuhr, in alten Unterlagen auch "Sonnenweiser" genannt, am Stolberger Rathaus hat Penther konstruiert. Er wurde für seine Beratung aus der städtischen Kasse vergütet. In einer Baurechnung des Jahres 1724 verzeichnete der Stadtschreiber unter der Überschrift "Reparatur auswendig am Rathaus", dass der Rat 8 Groschen an Hofmeistern Penthern zahlte, da man ihn "wegen des Sonnencompass unterschiedlich mal tracktierett."



3."Bau-Anschlag oder richtige Anweisung ..." (1743)


Mit großer gestochener Titelvignette, gestochenem Widmungsblatt und 17 gefalteten Kupfertafeln. Penther verfasste mit diesem Werk "eine Richtschnur, daß Gewinn-suechtige Arbeiter oder Verkaeuffer der Bau-Sachen ihn (den Bauherrn) nicht uebertheueren koennen" (Vorbericht). Er erstellt ein Preis-Register der Bau-Materialien und der Arbeiten inklusive Zeitplan der zu bewältigenden Arbeiten. Unterschiedliche Maßeinheiten und Währungen und deren Umrechnung werden berücksichtigt. An hand von zwei Beipielen werden praxisnah die nötigen Kalkulationen für ein Stein- und ein Holzhaus vorgeführt. Die Tafeln zeigen Ansichten von Wohnhäusern und repräsentative Prachtbauten, sowie deren Grund- und Aufrisse; außerdem hölzerne Dachaufbauten, sowie Pläne von Mauerwerk.

4."Anleitung zur Bürgerlichen Baukunst" Erster - vierter Theil (1744 - 1748)

Teil III mit Anwendungen der Säulenordnung.

Außerdem ist noch eine sehr schöne Karte der Grafschaft Stolberg bekannt:

Comitatus Stolbergici...(1736)


Ein altkolorierter Kupferstich, 48 x 56,5cm mit einer besonders schönen Kartusche, wie wir sie von dem Stolberger Grundriss kennen, nur gründlich ausgearbeitet: Ein Bergmann schlägt die Buchstaben STOLBERG in den Fels, drei andere arbeiten im Bergwerk, zwei auf dem Berg an einer Winde, mit einer schönen Jagdszene, Schloss und Stadt im Hintergrund. Außerdem ein Schild mit Schrift und Wappen, sowie unten rechts eine Auskunft über die Landvermessung:

"Was auf dieser Karte die Grafschafft Stolberg anbelanget, so ist dieselbe in so weit solche des Herrn Grafen Christoph Friedrich Hoch Gräfl. Gnaden besitzen nebst dem alten Stolberg nach einer richtigen Geometrischen Ausmeßung allen Theilen nach aufgetragen, die uebrigen Staedte und Doerfer zum Ex[empe]l. in den Aembtern Heringen u. Kelbra etc. sind von gewißen Hoehen mittelst Durchschnitte abgenommen, daß also diese zwar auf den rechten puncten befindl., die Graentzen aber, weil sie nicht haben ausgemeßen werden koennen, sind ohngefähr gezogen, um die Nachbarn zu ersehen. Stolberg den 22 Oct. 1736. J. F. Penther."

Die Grafschaften Stolberg und Roßla sind flächen- und umrisskoloriert. Außerdem dargestellt: Die kaiserliche freie Reichsstadt Nordhausen, Hohnstein, Schwarzburg, Werther, Asseburg, Mansfeld, Falkenstein, Anhalt, Braunschweig.

Ein Exemplar dieser Karte ist in der Ausstellung im Museum "Alte Münze" Stolberg (ehemaliges Heimatmuseum) gehängt.

Literatur

  1. Götz von Selle: Die Georg-August-Universität Göttingen 1737-1937, Göttingen 1937;
  2. J.C. Poggendorf: Biographisch-Literarisches Handwörterbuch der exakten Wissenschaften, Leipzig 1863 ff.;
  3. Wilhelm Ebel: Catalogus Professorum Gottingensium 1734-1962, S. 103;
  4. Zedlers Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 27, Leipzig 1741;
  5. Göttinger Bibliotheksschriften Nr. 17 "Wohne immer in meinem Herzen ..." Aus der literarisch-historischen Sammlung des Grafen Franz zu Stolberg - Stolberg, Göttingen 2001
  6. Christian Gottlieb Jöcher: Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Dritter Theil, Leipzig 1751
  7. Franz Graf zu Stolberg-Stolberg: Johann Friedrich Penther (unveröffentlichtes Manuskript)

Bildnachweis:

Penthers Bildnis wurde entnommen aus:

The Dibner Library Portrait Collection, eine Sammlung der Smithsonian Institution Library Washington, D.C.

http://web4.si.edu/sil/scientific-identity/display_results.cfm?alpha_sort=p





(Mario Bolte/Monika Lücke)